DNS-Resolver müssen urheberrechtswidrige Webseiten sperren

Die Tendenz ist eindeutig:

Mit dem am 01.03.2023 verkündeten Urteil (Aktenzeichen 5 O 807/22) in einem Rechtsstreit zwischen Sony Music und dem DNS-Resolver Quad9 hat bereits das vierte Gericht entschieden, dass Anbieter von DNS-Resolvern verpflichtet sein können, den Zugang zu Internetseiten zu sperren, die systematisch Urheberrechtsverletzungen begehen.

Bereits 2020 hatte das Landgericht Köln in einem Eilverfahren eine entsprechende Verpflichtung für den amerikanischen Anbieter Cloudflare bejaht (Aktenzeichen 14 O 171/19). Das Urteil wurde vom OLG Köln bestätigt (Aktenzeichen I-6 U 32/20), wobei sich beide Gerichte auf die sogenannte Störerhaftung stützten. Auch im anschließenden Hauptsacheverfahren vor dem LG Köln unterlag Cloudflare (Aktenzeichen 14 O 29/21, die Berufung ist unter dem Aktenzeichen 6 U 149/22 anhängig). In diesem Urteil bejahten die Kölner Richter erstmals eine täterschaftliche Haftung des DNS-Anbieters Cloudflare. Diese Änderung ist auf die neuere Rechtsprechung des EuGH in den verbundenen Rechtssachen "Uploaded" und "Youtube" (Aktenzeichen C-682/18 und C-683/18) zurückzuführen. Danach liegt eine (täterschaftliche) Wiedergabe vor, wenn der Diensteanbieter eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung spielt und zudem vorsätzlich handelt. Da Cloudflare nach Überzeugung des Gerichts nach Erhalt der Abmahnung nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatte, um den Zugang zu den beanstandeten Inhalten zu unterbinden, bejahte das Gericht den Vorsatz.


Auch das Landgericht Hamburg entschied im Mai 2021 in einem Eilverfahren gegen den Anbieter Quad9 zugunsten der dortigen Klägerin und verpflichtete den DNS-Resolver zur Unterlassung der Zugangsvermittlung zu einer bestimmten Webseite (Aktenzeichen 310 O 99/21). Auch das LG Hamburg bejahte "nur" eine Störerhaftung der Antragsgegnerin. Quad9 ging in Berufung und zwang Sony Music zur Erhebung einer Hauptsacheklage.

Das Ergebnis der daraufhin erhobenen Hauptsacheklage ist nun ein weiterer Sieg für die Rechteinhaber. Mit Urteil vom 01.03.2023 bestätigte das LG Leipzig die Rechtsprechung der anderen Instanzgerichte und verpflichtete Quad9, es zu unterlassen, bestimmte Tonaufnahmen öffentlich zugänglich zu machen, indem der Dienst mit seinem DNS-Resover bestimmte Domainnamen in IP-Adressen übersetzt. Wie schon die Kölner Richter im Verfahren 14 O 29/21 gehen auch die Leipziger Richter von einer täterschaftlichen Haftung von Quad9 aus.

In verschiedenen Berichten über das Verfahren war zu lesen, das Leipziger Urteil werde "das Internet zerstören". Tatsächlich haben aber sowohl Cloudflare als auch Quad9 die beanstandeten Webseiten bereits (teilweise seit fast 3 Jahren) gesperrt, ohne dass dies zu dem vielfach beschworenen "Untergang" des Internets geführt hätte.

Da alle Verfahrensbeteiligten an einer höchstrichterlichen Klärung der sich stellenden Rechtsfragen interessiert sind, ist in den nächsten Jahren mit einer Entscheidung des BGH zu rechnen, möglicherweise auch mit einer Vorlage an den EuGH.

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